neues aus dem Schulhaus

Box-Trainer Michael Timm zu Gast im Geschichtsunterricht Klasse 10

 

"DDR - Fremde Heimat meiner Eltern und Großeltern"..........


Unter diesem Titel lief das Herantasten an die Thematik eines für die Schüler fremden Landes.
Übertrieben formuliert, offenbarte sich der zu behandende Geschichtsabschnitt bei den  1996-1999 Geborenen so fremd wie der 30jährige Krieg.
Der Vorschlag, sich dem Thema nicht auf die übliche Lehrbuchmethodik zu stützen,wurde von den Schülern sehr gern angenommen. Die Familie wurde zum Anlaufpunkt Nummer1 bei der Erbringung und Zusammenstellung eines DDR-Bildes. Über viele Puzzleteile erwarben die Zehntklässler Kenntnisse über das Leben in der DDR und speziell im Sperrgebiet; sie sammelten DDR-typische Begriffe aus sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, die es dann zu analysieren galt; auf einer Waage wurden positive und negative Tendenzen gegenübergestellt; in Lebensmittelmärkten von Zarrentin begab man sich auf die Suche nach Ostprodukten; im Stadtkern Zarrentins wurden Befragungen durchgeführt; der "Urlaub in der DDR" wurde per Filmmaterial näher gebracht; in einem persönlichen "Brief an die DDR" schrieb jeder Schüler seine gesammelten Erkenntnisse nieder.
Mit Hendrik Jakobs und Tobias Senczek zeigten sich zwei Schüler auf eine besondere Weise aktiv: Passend zum Thema bauten sie einen Schlagbaum nach, den wir auch künftig als Anschauungsmittel nutzen werden.
Und:
Wir haben uns noch einen extra "Bonbon" in den Unterricht eingeladen. Michael Timm, der ursprünglich vom Fliegenhof kommend, selbst 6 Schuljahre die hiesige Schule besuchte, ermöglichte uns am 25.März - parallel zum Sportprojekt - Einblicke in seinen ganz persönlichen DDR-Lebenslauf. Die 25 Mädchen und Jungen hattten sich auf diesen besonderen Besuch, der am Schlagbaum erst einmal sein jähes Ende fand, gut vorbereitet. Jasmin Martens, die im Fach Geschichte ihre Jahresarbeit zum Thema: "Vom sportlichen Talent zum Spitzensportler / Die kleine DDR sportlich ganz groß!"  schrieb und im Vorfeld des Besuches ihre Kenntnisse  zum Europameister Michael Timm (1985) vermittelte, hieß unseren Schweriner Gast nach Vorzeigen des Ersatzpassierscheines herzlich willkommen.
Mit vielen Fragen in die private und berufliche Sphäre des DDR-Bürgers und Spitzensportlers Michael Timm dringend und mit spannenden  Antworten die Schüler zum Staunen, Wundern und Nachdenken bringend, wurden circa 60 Minuten eine kurzweilige Angelegenheit. Dieser Lebenslauf unterschied sich dann doch in so einigen Bereichen von dem Daheim Gehörten.
Privilegien, wie z.B. das Reisen ins kapitalistische Ausland, das bevorzugte Erhalten einer Wohnung, eines Telefones, eines Autos.... All das kam unserem Ex-Mitschüler durch die sportlichen Erfolge zugute. Seine Vorrechte so gut wie möglich auf die Familie mit auszubauen, erlebten die Schüler als sehr sympathische Seite. ( z.B.Sammeln der "Mangelware Südfrucht" an der Sportschule und Verteilung zu Hause) Auch das Werben durch die Stasi zur aktiven Mitarbeit als IM und die persönliche Stärke, "Horch und Guck" eine Abfuhr zu erteilen, waren Erfahrungen, die den Schülern im Gedächtnis bleiben. Die Einschränkungen der DDR-Bevölkerung  im Bereich der Freiheitsrechte wurden von unserem Gast an den Pranger gestellt.
Im Vergleich zu ihrem heutigen Schul- und Freizeitleben stellten die Jugendlichen der Klasse 10 fest, wie völlig anders der Alltag des Schülers Michael Timm in seiner Zeit an der Kinder- und Jugendsportschule war. Ein total durchstrukturierter Sport- und Unterrichtstag mit geringer Freizeit, der sehr viel Disziplin verlangte. Aber wenn man, wie Michael Timm formulierte, "es"  schaffen will, "oben" ankommen will, dann nahm man diesen Ablauf an. Dass sich das "Reinknien" gelohnt hat, ist heute an den vielen Erfolgen als aktiver Boxer für die DDR in Statistiken und z.B. bei Wikipedia nachlesbar.
Mit dem Bedauern seitens der 10.Klasse, dass es ein gemeinsames Wiedersehen im Schulalltag nicht mehr geben wird, ging eine Geschichtsstunde der besonderen Art zu Ende. Und auch vom jetzigen Boxtrainer in Schwerin kam eine sehr positive Einschätzung an die Mädchen und Jungen zurück. Um es mit Begriffen aus dem Boxbereich zu beenden: Die rote und die blaue Ecke waren keine Gegner, sie verschmolzen zu einer Einheit.
Ein Präsentkorb gefüllt mit DDR-Produkten wurde passend zum Thema das Abschiedsgeschenk der Fritz-Reuter-Schüler an den Trainer vom Olympiastützpunkt.
Was Michael Timm seinen Gesprächspartnern am Ende der Veranstaltung mit auf den Weg gab, ist ein selbst gelebtes Prinzip:
Verfolgt Eure Ziele. Gebt niemals auf, auch wenn es mal richtig schwierig ist.

Und das ist ein Motto, das keinem speziellen politischen System unterliegt. Also............: Packen wir es an! Leben wir es!

Bilder

 

Heike Kullak

23.04.2015